Ayni – allumfassende Liebe

Das zentrale und wichtigste Prinzip in der andinen Philosophie ist Ayni

Ayni bedeutet soviel wie: Liebevolle Verbindung und rechte Harmonie mit allem.

Das Einzelindividuum ist sich immer bewusst, Teil des großen Ganzen, der Gesamtschöpfung, Pachamama, zu sein.

Der Mensch ist in der indigenen Philosophie derjenige, der Beschützer und Bewahrer der Gesamtschöpfung und aller Mitgeschöpfe sein soll, was in völligem Gegensatz zu unserer modernen Haltung steht, sich die Erde und die Mitgeschöpfe zu Untertanen zu machen. Ein Grundprinzip von Ayni ist: demütige Dankbarkeit für alle Geschenke, die Mutter Erde uns macht, genauso wie stetige Fürsorge.

Ayni wird als eine Art großer Fluss an Energie beschrieben, der, wenn er von allen genährt wird, nie versiegt und immer jedem das gibt, was er braucht. Dabei erfolgt das Geben nicht als Handel sondern als Geschenk. Nicht: ich gebe jemand etwas und dafür muss er mir etwas wieder zurück geben, sondern: ich gebe etwas in den großen Fluss und es kommt bei jemand ganz anders an, während aus dem Ayni-Fluss etwas zu mir kommt, wenn ich es brauche, weil wieder andere es hineingegeben haben.

Ein sehr schöner Satz, den ich auf meinen Reisen in Peru kennengelernt habe, der diese Philosophie widerspiegelt, ist: „Nichts gehört mir, aber alles ist für mich.“ Ohne es zu merken leben wir umgeben von allen Schönheiten und Geschenken von Mutter Erde im Gefühl von Mangel, obwohl wir umgeben sind von Wundern und Schönheit.

Die Menschen dort, egal wie arm, leben immer im Gefühl der Fülle, weil man sich umeinander kümmert und man sich immer im vollen Vertrauen darauf verlassen kann, dass immer genau das, was man benötigt, von jemandem gegeben werden wird, wenn man selber für andere gibt. Despachozeremonien, Zeremonien der Dankbarkeit und des Gebens für andere und die Gemeinschaft und die Schöpfung, stehen genau für diese Grundenergie.

Vereinfacht gesagt, kann man jeden krankhaften oder dysharmonischen Zustand als eine Störung des Ayni- Zustandes betrachten. In der andinen Lehre wird schwere und dichte Energie ,“Hucha“, von leichter heller und hochschwingener Energie ,“Sami“ , unterschieden. Befinden wir uns in Ayni, dann ziehen wir Ayni und Sami an und Hucha findet keinen Nährboden. Deswegen muss man nicht in den Kampf gehen, sondern vielmehr durch aktiv gelebte Ayni-Energie in Eigenverantwortlichkeit die Welt für alle und dadurch auch für sich selber verbessern. Die Elders sagen: Der Garten Eden befindet sich IN uns. Wir sind nie vetrieben worden. Wir haben uns aus unserem eigenen Paradies ausgesperrt durch Abtrennung und Isolation. Sicherheit kann nicht im Außen, sondern nur im eigenen Inneren gefunden werden.

Ayni umfasst das reflektierte Betrachten der eigenen Handlungen genauso, wie die liebevolle Fürsorge für alle Mitgeschöpfe. Eine Art Landkarte der Energien und wie man den Zustand von Ayni erreichen und immer wieder aktiv erhalten kann, lernt man, wenn man konsequent nach den Lehren des Medizinrades lebt. Es trägt die tiefe Weisheit unserer Vorfahren in sich und hilft auf dem Weg zur eigenverantwortlichen Heilung des Individuums genauso, wie es die Grundlage für die schamanische Heilarbeit ist.